BARMER GEK Heil- und Hilfsmittelreport - Chronische Wunden heilen schlecht und langsam

BARMER GEK Heil- und Hilfsmittelreport - Chronische Wunden heilen schlecht und langsam

16.09.2014

Aktuelles: Chronische Wunden heilen schlecht und langsam

Mit der Kompressionstherapie ist die Abheilzeit von venös bedingten chronischen Wunden meist kürzer. Foto: dpa picture alliance

In Deutschland leiden Patienten unnötig lange an chronischen Wunden. Zu diesem Schluss kommt der heute in Berlin vorgestellte Heil- und Hilfsmittelreport der BARMER GEK. Darin war die Versorgung von chronischen Wunden am Unterschenkel in den Jahren 2009 bis 2012 analysiert worden. Demnach litten 2012 bundesweit rund 210.000 Menschen akut an derartigen Geschwüren. Das entspricht 0,26 Prozent der Bevölkerung und ist deutlich mehr als bisherige Studien zeigen. Jährlich kommen rund 50.000 neue Erkrankungen hinzu. Insgesamt leiden nach Schätzungen von Experten zwei Millionen Menschen in Deutschland an chronischen Wunden, zu denen unter anderem auch Dekubitus oder diabetisch bedingte Geschwüre am Fuß gehören.

„Wir können anhand unserer Daten sehen, dass es eine gravierende Unterversorgung bei Menschen gibt, die an venös bedingten Unterschenkelgeschwüren leiden. Nur knapp 40 Prozent bekommen eine Kompressionstherapie. Deren Unterlassung ist nach Meinung der Fachleute ein Behandlungsfehler“, betonte Dr. Rolf-Ulrich Schlenker, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der BARMER GEK, bei der Vorstellung des Reports. Bis auf einige Ausnahmen könnten Patienten immer von dieser Behandlung profitieren, sie müsse jedoch verordnet und fachgerecht umgesetzt werden. Spezielle Verträge der BARMER GEK mit einigen Wundzentren versuchen, das bestehende Versorgungsdefizit zu überwinden.

Heil- und Hilfsmittel mit starkem Wachstum

Zugleich machte der BARMER GEK Vorstandsvize auf teilweise sehr hohe Steigerungsraten bei den Heil- und Hilfsmitteln aufmerksam. In den ersten sechs Monaten dieses Jahres verzeichneten die Krankenkassen bei Heilmitteln, also etwa der Physiotherapie oder Logopädie, Zuwächse von 7,1 Prozent. Bei der BARMER GEK waren die Ausgaben in diesem Sektor um 4,1 Prozent gestiegen. Bei den Hilfsmitteln – zu denen zum Beispiel Rollstühle, Krankenbetten oder Hörgeräte zählen – waren die Ausgaben im ersten Halbjahr 2014 bei allen Kassen um 9,5 Prozent und bei der BARMER GEK sogar um 10,8 Prozent nach oben geschnellt. „Obwohl in einer älter werdenden Gesellschaft der Bedarf an einer qualifizierten Heil- und Hilfsmittelversorgung zunimmt, müssen wir die Preis- und Mengenentwicklung im Auge behalten. In dem extrem unübersichtlichen Markt der Medizinprodukte brauchen wir vor allem eine Nutzenbewertung“, verdeutlichte Schlenker.

Studienautor Prof. Dr. Gerd Glaeske vom Zentrum für Sozialpolitik der Universität Bremen verwies auf den langjährigen Trend steigender Ausgaben bei Heil- und Hilfsmitteln. So seien die Ausgabenzuwächse der gesetzlichen Krankenversicherung im Jahr 2013 zwar recht moderat geblieben. „In den Jahren von 2007 bis 2013 sind sie bei den Heilmitteln jedoch insgesamt um 34,5 Prozent, von 3,91 Milliarden auf nun 5,26 Milliarden Euro gestiegen und bei den Hilfsmitteln von 5,52 Milliarden auf 6,80 Milliarden Euro. Das entspricht einem Plus um 23,2 Prozent“, rechnete Glaeske vor. Neben der Nutzen- und Kosten-Nutzen-Bewertung gebe es, so der Bremer Versorgungsforscher, begleitende Möglichkeiten, die Qualität und Transparenz der Hilfsmittelversorgung in Deutschland zu verbessern. Dazu gehörten höhere qualitative Anforderungen an Hilfsmittel und Medizinprodukte oder eine andere Funktion des jetzigen Hilfsmittelverzeichnisses. Es könne zum Beispiel nur solche Produkte führen, die einem hohen Stand der Technik entsprächen und Studien zum Patientennutzen vorweisen könnten.

Versorgung des diabetischen Fußes regional oft unzureichend

Glaeske verwies darauf, dass die podologische Versorgung von Diabetikern in Deutschland zu wünschen übrig lasse. Drei Viertel aller Risikopatienten werde nicht mit medizinischer Fußpflege versorgt. „Vor allem bei den über 70-Jährigen wächst der Anteil der nicht Versorgten. Das ist umso erstaunlicher, als es sich um Teilnehmer an Disease Management Programmen handelt, welche zwingend eine medizinische Fußuntersuchung und podologische Versorgung vorsehen“, so Glaeske. Er verwies auf die regional sehr ungleiche Inanspruchnahme der Podologie. Nahmen sie 2012 im Saarland 15,33 Prozent der Risikopatienten in Anspruch, waren es in Sachsen mit 29,69 Prozent fast doppelt so viele. „1989 hatten sich die europäischen Staaten in der Deklaration von St. Vincent verpflichtet, Diabetes bedingte Folgeschäden zu verhindern“, erinnerte Glaeske. 25 Jahre später habe sich nicht viel verbessert, die Amputationsraten von Zehen und Vorderfüßen hätten sich nicht verringert. Das zeige, dass es noch vieler Anstrengungen bedürfe, um die Amputationsgefahr für Menschen mit Diabetes zu verringern.

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