Borderline-Persönlichkeitsstörung

Borderline-Persönlichkeitsstörung

18.11.2014

Chronische Gefühle von Leere, unkontrollierbare Gemütserregungen und zwischenmenschliche Probleme

Die Borderline‐Störung ist eine komplexe, schwerwiegende Störung, die unbehandelt für die Betroffenen selbst sowie ihr soziales Umfeld nicht selten an die Grenzen der emotionalen Belastbarkeit führt. Sie ist durch ein tiefgreifendes Muster von Instabilität des Selbstbildes, der Affektregulation und in zwischenmenschlichen Beziehungen gekennzeichnet. Gleichzeitig liegt bei betroffenen Personen eine ausgeprägte Impulsivität vor. Damit einhergehende Probleme manifestieren sich vielen Lebensbereichen. Bisweilen schränken sie das gesamte zwischenmenschliche Beziehungsvermögen ein und können das Ausbildungs‐ und Berufsleben erheblich behindern. „Menschen, die von einer Borderline‐Persönlichkeitsstörung betroffen sind, leiden unter großer Unsicherheit bezüglich der eigenen Identität und Integrität. Es ist ihnen nur schwer möglich, zu erfassen und wiederzugeben, wer sie wirklich sind.

Gleichzeitig wird das eigene Selbstbild und der eigene Körper sehr negativ eingeschätzt“, berichtet Prof. Dr. Martin Bohus von der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) mit Sitz in Berlin. „Auch fehlt ihnen das Grundgefühl der Zugehörigkeit zu anderen. Das kann in der Folge zu tiefgreifenden Gefühlen von Einsamkeit und Verlorenheit führen, die in vielen Situationen dann in Enttäuschung und Wut umschlagen. Starke und abrupte Gemütserregungen sind überhaupt typisch für das Störungsbild. Sie können bereits bei niedrigen Reizschwellen einsetzen und dann sehr heftige, überwältigende Emotionen hervorbringen.“ Die Borderline‐Persönlichkeitsstörung wird auch als emotional instabile Persönlichkeitsstörung des Borderline‐Typs bezeichnet.

Selbstverletzung dient zur Regulation von hoher Anspannung, Ohnmacht und Dissoziation

Störungen der Emotionsregulation, seien sie nun neurobiologisch oder psychologisch begründet, führen bei Borderline‐Betroffenen häufig zu äußerst unangenehmen inneren Spannungszuständen. Diese werden als unerträglich und peinigend erlebt. Besonders in Stresssituationen können diese Spannungszustände sehr schnell und rasch ansteigend auftreten. „Ein großer Teil der Betroffenen reagiert auf diese dominierenden Spannungen mit dissoziativen Symptomen, also einer gestörten Selbst‐ und Realitätswahrnehmung, die auch die sensorische Reizverarbeitung verändern kann. In der Folge kann sich die Schmerzempfindung verringern und auch emotionale Taubheit kann sich einstellen“, schildert der Psychiater und Psychotherapeut. „Um die innere Anspannung abzubauen, setzen viele Betroffene selbstschädigende Verhaltensweisen ein wie etwa das Zufügen von Schnitt‐ oder Stichwunden, Verbrennungen, Verbrühungen, oder manchmal auch Verätzungen.

Diese Verhaltensmuster dienen der Spannungsminderung und Selbstregulation ‐ sie geschehen meist in einem Zustand, indem Schmerzen kaum gespürt werden. Die Selbstverletzungen, lindern die Anspannung sofort, werden dadurch jedoch rasch zu suchtartigem Problemverhalten.“ Weitere Selbstbeschädigungen, die sich eher nach außen richten, sind u.a. riskantes Verhalten in Form von exzessivem Drogengebrauch, enthemmtes Sexualverhalten, gefährlichen Aktivitäten oder ungezügeltem Geldausgeben. Auch suizidale Handlungen, Suizidankündigungen oder ‐drohungen sind nicht selten.

Partnerschaftliche Beziehungen scheitern oft

Borderline‐Patienten leiden unter emotionalen Problemen wie überwertige Schuld, Scham, Angst und Selbstverachtung oder Selbsthass. Diese Gefühlswelt beeinflusst die zwischenmenschliche Interaktion in einem erheblichen Maß und beeinträchtigt das Beziehungsleben. „Die großen Schwankungen im Selbstwertgefühl erschweren es, eine zufriedenstellende partnerschaftliche Beziehung führen zu können. Oft scheitern Beziehungen, weil der Partner mit den Gefühls‐, Stimmungs‐ und Selbstwertschwankungen des Borderline‐Patienten nicht zurechtkommt“, meint Prof. Bohus. „Darüber hinaus ist die Angst vor dem «Verlassenwerden» ist ein zentraler Aspekt der Erkrankung und kann ein existentielles Ausmaß annehmen. Häufig besteht ein Nebeneinander von Sehnsucht nach Geborgenheit und Zuwendung sowie stark ausgeprägter Angst vor eben dieser sozialen Nähe. Die ständigen scheinbaren Unsicherheiten im zwischenmenschlichen Bereich, führen wiederum zu Spannungszuständen und erhalten einen sich fortlaufenden Kreislauf.“

In der Lebensgeschichte von Borderline‐Patienten kommt es immer wieder zu Trennungs‐ und Wiederannäherungsprozessen. An einer Borderline‐Störung leiden etwa 3% der Bevölkerung. Häufige Begleiterkrankungen sind Posttraumatische Belastungsstörungen, Suchterkrankungen, Essstörungen und die Soziale Phobie. Die ersten Anzeichen der Persönlichkeitsstörung treten meist schon im Jugendalter auf. Mehr als 60 Prozent der Betroffenen haben mindestens einen Suizidversuch verübt, was die Wichtigkeit einer frühzeitigen professionellen Behandlung verdeutlicht. Die Borderline-Persönlichkeitsstörung wird in erster Linie mit störungsspezifischen psychotherapeutischen Verfahren, wie etwa der Dialektisch Behavioralen Therapie (DBT) behandelt, um einen verbesserten Umgang mit Gefühlen, eine Verbesserung zwischenmenschlicher Fähigkeiten und eine Erhöhung des Selbstwert zu erreichen. Wenn diese Therapien fachgemäß durchgeführt werden, besteht eine gute Chance auf Heilung oder zumindest deutliche Minderung der Symptomatik.

Mehr Informationen unter www.psychiater-im-netz.org.

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