Kieferorthopädische Indikationsgruppen – Wann ist ein Aligner notwendig?
Kieferorthopädische Indikationsgruppen – Wann ist ein Aligner notwendig?
23.01.2023
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Eine Vielzahl an Kiefer- und Zahnfehlstellungen erfordert eine Behandlung mit festen Zahnspangen wie der Multiband-Apparatur oder einer herkömmlichen losen Zahnspange. Geht es jedoch vor allem um den Wunsch nach einer ästhetisch-kosmetischen Veränderung oder einer Korrektur von Fehlstellungen von geringerem Ausmaß, kann eine Zahnkorrektur auch mithilfe von anderen Anwendungstechniken wie der Aligner-Therapie vorgenommen werden.
Um zu festzustellen, ob diese Form der kieferorthopädischen Behandlung für den individuellen Patienten geeignet ist, empfiehlt sich die Feststellung der bei ihm vorliegenden kieferorthopädischen Indikationsgruppe (KIG).
Welche kieferorthopädischen Indikationsgruppen gibt es?
Prinzipiell differenziert man im Hinblick auf eine Zahnfehlstellung zwischen den Schweregraden 1 bis 5, wobei die gesetzlichen Krankenkassen lediglich die Kosten für Behandlungen der KIG-Grade 3 bis 5 tragen und dies auch nur für Kinder und Jugendliche bis zum abgeschlossenen 17. Lebensjahr der Fall ist. Erwachsene müssen also die Kosten für Zahnkorrekturen (auch die einer Aligner Therapie) nahezu immer selbst übernehmen.Das trifft selbst dann zu, wenn die medizinische Notwendigkeit eines Eingriffs festgestellt wurde. Ob in einem entsprechenden Fall eine Zahnzusatzversicherung in Anspruch genommen wird, sollte wiederum im Einzelfall nach einer individuellen Prüfung entschieden werden.
Die einzelnen KIG im Schnellüberblick
Schweregrad 1: leichte Fehlstellungen
- distale Bisse (bis zu 3 mm)
- offene Bisse (bis zu 1 mm)
- tiefe Bisse (von 1 bis zu 3 mm)
- Engstand (bis zu 1 mm)
Schweregrad 2: Fehlstellungen, die dentalmedizinisch korrigiert werden sollten
- distale Bisse (von 3 bis 6 mm)
- offene Bisse (von 1 bis 2 mm)
- tiefe Bisse (mit mehr als 3 mm) und Zahnfleischberührung
- Engstand (von 1 bis 3 mm)
- Platzmangel mit Platzbedarf (bis 3 mm)
Schweregrad 3: ausgeprägte Fehlstellungen, die eindeutig eine dentalmedizinische Behandlung erfordern
- distale Bisse (von 2 bis 4 mm)
- tiefe Bisse (mehr als 3 mm) und Zahnfleischverletzung
- offene Bisse (von 2 bis 4 mm)
- Kreuzbiss auf beiden Seiten
- Engstand (von 1 bis 3 mm)
- Platzmangel mit Platzbedarf (mehr als 3 mm)
Schweregrad 4: Zahnfehlstellungen mit starker Ausprägung und dringendem Behandlungsbedarf
- distale Bisse (von 6 bis 9 mm)
- mesiale Bisse (bis zu 3 mm)
- erworbene offene Bisse (Bukkal- beziehungsweise Ligualokklusion, mehr als 4 mm)
- tiefe Bisse (mehr als 3 mm) und Zahnfleischverletzung
- einseitiger Kreuzbiss
- Engstand (mehr als 5 mm)
- Platzmangel mit Platzbedarf (mehr als 4 mm)
- Zahndurchbruchsstörungen
- Zahnunterzahl durch Nichtanlage und/oder Verlust von Zähnen
Schweregrad 5: extrem starke Zahnfehlstellungen mit zeitnahem, zwingendem Behandlungbedarf
- distale Bisse (mehr als 9 mm)
- mesiale Bisse (mehr als 3 mm)
- angeborene offene Biss mit über 4 mm Abweichung in Bezug auf die Zahnkanten
- Zahndurchbruchsstörungen plus Verlagerungen der Zähne
- Kopfbereich-Entwicklungsstörungen (Lippen-Kiefer-Gaumenspalte)
Für Zahnfehlstellungen welcher kieferorthopädischen Indikationsgruppen eignet sich eine Aligner-Therapie?
Behandlungen mit Zahnschienen bieten sich mehrheitlich für Korrekturen von KIG-1- und KIG-2-, in Abhängigkeit von der Einzelperson und der konkreten Situation auch für KIG-3-Fehlstellungen an. Zwar werden Behebungen von Zahnfehlständen und Lückenschlüssen bei der ersten kieferorthopädischen Indikationsgruppe noch als rein ästhetisch-kosmetische Behandlung verbucht.
Dennoch vereinfachen auch sie schon die Zahnpflege, was in Kombination mit einer gesunden Ernährung und regelmäßigen Prophylaxe bereits deutlich zur anhaltenden Zahngesundheit beiträgt. In diesem Zusammenhang ist eine Zahnkorrektur mittels Zahnschiene also durchaus als potenzieller Beitrag zum „22-77-99“-Prophylaxe-Fernziel der WHO zu betrachten. Dieses sieht vor, dass 99 % der Menschen im Alter von 77 Jahren noch über 22% ihrer eigenen Zähne verfügen sollen. Die Grundlagen dafür lägen unter anderem in einer
- stärkeren Aufklärung bezüglich der Zahnhygiene und potenzieller Gesundheitsrisiken bei schlechter Zahnhygiene,
- dem verstärkten Zur-Verfügung-Stellen von Kontroll- und Behandlungsangeboten sowie
- besondere Unterstützung von Babys, Kleinkindern und pflegebedürftigen Erwachsenen, die unter Umständen zusätzliche Hilfe bei Zahnpflege benötigen.