Volksleiden: Herzkrank - Deutschlands häufigste Herzerkrankungen im Überblick
Volksleiden: Herzkrank - Deutschlands häufigste Herzerkrankungen im Überblick
03.11.2015
Copyright: Dr. Roser
Bypässe, Schrittmacher, blutverdünnende Mittel: Viele dieser Begrifflichkeiten sind mittlerweile in aller Munde. Denn Herzerkrankungen sind in Deutschland noch immer auf dem Vormarsch. Aufgrund der Vielzahl fällt es jedoch schwer, den Überblick zu behalten. Dr. Mattias Roser, Leiter der Elektrophysiologie an der Charité Berlin und Studienleiter bei St. Jude Medical, erklärt die drei häufigsten Herzerkrankungen, ihre Symptome und wie man vorbeugen kann.
Zu schwache Pumpe: Herzinsuffizienz
Regelmäßig pumpt das Herz Blut durch den Körper, um die Sauerstoffversorgung der Zellen zu gewährleisten. Kommt es dieser Aufgabe nicht oder nur noch teilweise nach, sprechen Mediziner von einer Herzschwäche, einer sogenannten Herzinsuffizienz. Deutschlandweit sind mehr als eine Million Menschen davon betroffen. „Mit fortschreitender Krankheit werden Müdigkeit und Erschöpfung ständige Begleiter, auch Atemnot bei körperlicher Anstrengung sowie Flüssigkeitseinlagerungen in Füßen und Lunge können hinzukommen“, erklärt Dr. Roser.
„Dabei handelt es sich aber nicht, wie so oft angenommen, um eine Alterserscheinung.“ Ursächlich für die Erkrankung können verschiedene Faktoren sein. Hierzu zählen insbesondere hoher Blutdruck, die koronare Herzerkrankung, eine defekte Herzklappe, Herzrhythmusstörungen oder Erkrankungen des Herzmuskels selbst. Gemein ist ihnen, dass das Herz stärker als normal aktiv werden muss, um den Kreislauf aufrechtzuerhalten. „Wie ein trainierter Muskel vergrößert sich das Herz in diesem Notmechanismus zunehmend, kann jedoch ab einer bestimmten Größe selbst nicht mehr vom Körper versorgt werden.
So verschlechtert sich die Schlagkraft, die Herzklappen schließen nicht mehr richtig und Herzrhythmusstörungen treten auf“, weiß Dr. Roser. Für eine entsprechende Therapie gilt es zunächst die eigentlichen Ursachen zu behandeln – hier gilt je früher, desto besser. Patienten können der Erkrankung allerdings auch mit einer gesunden Lebensweise selbst vorbeugen. Dazu gehört neben Sport auch eine ausgewogene und ballaststoffreiche Ernährung mit viel Gemüse, Fisch und gesunden Ölen. Übermäßiger Konsum von tierischen Fetten, Zucker und Alkohol sollte hingegen gemieden werden.
Gefährlicher Engpass: Koronare Herzerkrankung
Ausreichend Sauerstoff ist die Voraussetzung dafür, dass das Herz schlägt. Um diese Versorgung zu gewährleisten, müssen die Herzkranzgefäße, die auch als Koronararterien bezeichnet werden, täglich hart arbeiten. Durch Ablagerungen von Fett oder Kalk, sogenannten Plaques, können diese anfangs noch glatten und dehnbaren Gefäße jedoch eng und steif werden.
Fehlt dem Herz aufgrund einer Gefäßverengung Sauerstoff, besteht die Gefahr eines Herzinfarktes. Diesen Zustand bezeichnen Mediziner als Koronare Herzerkrankung, kurz KHK. „Meist beginnt die Krankheit unbemerkt. Später verspüren Patienten häufig ein Engegefühl in der Brust oder verstärkte Kurzatmigkeit nach Anstrengung oder Bewegung“, berichtet Dr. Roser. Einer KHK gilt es im besten Fall durch einen gesunden Lebensstil vorzubeugen. Dafür sollte neben gesunder Ernährung regelmäßige Bewegung genauso auf dem täglichen Programmplan stehen wie Stressabbau.
Die Therapie sieht in erster Linie vor, das Voranschreiten der Krankheit positiv zu beeinflussen. Hierzu zählt die Einnahme von Medikamenten genauso wie die Anpassung des Lebensstils an die Krankheit und bei Bedarf ein chirurgischer Eingriff in Form eines Bypasses oder ein Kathetereingriff in Form eines Stents. Um Ärzte bei der Entscheidung zur bestmöglichen Therapie während der Herzkatheter-Untersuchung zu unterstützen, steht seit Neuestem die Messung der Fraktionellen Flussreserve (FFR) zur Verfügung. Diese ermöglicht eine detailliertere Analyse des Ausmaßes einer Gefäßverengung mit dem Ziel einer individuellen Therapieentscheidung.
Gestörte Reizweiterleitung: Vorhofflimmern
Zu den häufigsten Herzrhythmusstörungen gehörend, zeichnet sich Vorhofflimmern durch einen unregelmäßigen und häufig beschleunigten Herzschlag aus. Es tritt zumeist bei älteren Menschen auf und wird in vielen Fällen gar nicht erst bemerkt. „Vorhofflimmern hat verschiedene Ursachen, zu denen beispielsweise auch Bluthochdruck, Herzklappenfehler oder auch die bereits genannte koronare Herzerkrankung und die Herzinsuffizienz gehören“, berichtet Dr. Roser.
„Auch wenn es selbst nicht lebensbedrohlich ist, steigt das Schlaganfall-Risiko unbehandelt jedoch um das Fünffache.“ Beim Vorhofflimmern gerät die elektrische Reizweiterleitung durcheinander, die normalerweise dafür sorgt, dass die Vorhöfe reibungslos funktionieren und das Blut koordiniert in die Herzkammern pumpen. Dadurch finden keine wirksamen Kontraktionen mehr statt, die Vorhöfe flimmern. Herzrasen oder starkes Herzklopfen sind dann die Folge.
„Die Gefahr liegt darin, dass sich ein Gerinnsel im sogenannten Vorhofohr bildet, sich löst und eine Arterie verstopft, was im schlimmsten Fall einen Schlaganfall auslösen kann“, fügt Dr. Roser hinzu. Zur Behandlung kommen Medikamente zur Blutverdünnung oder neuerdings der Verschluss des Vorhofohrs mittels eines sogenannten Okkluders infrage. Hierbei handelt es sich um eine Art Stöpsel, der das Vorhofohr dauerhaft verschließt und so die Bildung von Gerinnseln vorbeugen kann.