Kann medizinischer Cannabis bei Angststörungen helfen?
Kann medizinischer Cannabis bei Angststörungen helfen?
29.11.2021
Foto: © elsa-olofsson-VLHgUl3QqFw-unsplash
Psychische Erkrankungen sind oftmals unsichtbar und dennoch leiden sehr viele Menschen weltweit an diesen. Die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (kurz: DGPPN) hat herausgefunden, dass in Europa rund 60 Millionen Menschen an einer Angststörung leiden. Davon kommen rund 12 Millionen aus Deutschland.
Und auch wenn nicht jeder in seinem Leben mit einer Angststörung zu kämpfen hat, kennt jeder Angst an sich durchaus. Hinter dem Begriff versteckt sich ein komplexes Leiden, das schon seit Jahrzehnten unterschiedlich behandelt wird. Mit der offiziellen Genehmigung von medizinischem Cannabis kam nun auch die Heilpflanze ins Gespräch zur Medikation von Ängsten und Angststörungen.
Was ist Angst eigentlich?
Als Angst bezeichnet man ein Gefühl. Dieses wird gerne auch als „Furcht“, „Unbehagen“ oder „Unheimlich“ beschrieben. Der Betroffene fühlt sich ausgesetzt und bedroht. Angst ist der älteste Begleiter des Menschen. Dank ihr konnten wir bis heute überleben. Sie löst im Körper eine Reihe von Veränderungen und Reaktionen aus, die uns bei Gefahr helfen sollen. Die Pupillen weiten sich, der Pulsschlag und Blutdruck werden gesteigert, der Körper produziert Adrenalin und die generelle Durchblutung wird besser. Alle Sinne sind geschärft, um die Bedrohung entweder zu bekämpfen oder um vor dieser zu fliehen.
Was ist eine Angststörung?
Die Angst ist ein Teil unseres Lebens und auch sehr wichtig. Immerhin bewahrt sie uns vor Verletzungen und teilweise sogar vor dem Tod. Als Angststörung werden Angstreaktionen bezeichnet, die in eigentlich ungefährlichen Situationen auftreten. Die gefühlte Angst steht also in keinem normalen Verhältnis zur tatsächlichen „Gefahr“. Für die Betroffenen ist dieser Zustand körperlich als auch psychisch sehr intensiv.
Zwischen welchen Angststörungen wird unterschieden?
Angststörungen zählen zu den am häufigsten auftretenden psychischen Erkrankungen. Wenn ein Patient mit dieser Störung zu seinem Hausarzt kommt, werden meist nur die körperlichen Symptome beschrieben. Dazu gehören Herzrasen, Schwindel, Zittern, Magen-Darm-Beschwerden sowie eine verminderte Belastbarkeit. Die Angst als solches wird oft verschwiegen. Aufgrund dieser Umstände wird die eigentliche Erkrankung oft erst nach Jahren festgestellt.
Folgende Angststörungen sind bekannt:
- Trauma (PTBS)
- Hypochondrie
- Soziale Ängste
- Panikstörungen
- Zwangsstörungen
- Generalisierte Angststörungen
Kann Cannabis bei einer Angsttherapie helfen?
Die Heilpflanze Cannabis enthält über 200 Terpene und mehr als 100 Cannabionoide. Je nach Hersteller und Sorte unterscheidet sich die jeweilige Konzentration dieser. Die zwei bekanntesten Inhaltsstoffe sind THC und CBD. Sie beide haben auf den menschlichen Körper eine beruhigende und zum Teil auch berauschende Wirkung. Sie sind außerdem schmerzlindernd und regen den Appetit an.
Der „Entourage Effekt“
Die Forschung hat gezeigt, dass die einzelnen Cannabionoide in Verbindung mit den Terpenen synergistisch zusammenarbeiten. Auf diese Weise verstärken sie sich gegenseitig. Es ist daher möglich, dass diese Moleküle bei einer vorliegenden Angststörung eine Besserung erzielen, da diese unmittelbar Einfluss auf die Psyche nehmen. Das Gehirn schüttet Dopamin aus, wodurch sich das Wohlbefinden stark verbessert. Des Weiteren wird die Kreativität gefördert und es kehrt Entspannung ein. Eine Therapie mit Cannabis muss jedoch stets individuell vom Arzt festgelegt werden. Schließlich könnte aufgrund der psychoaktiven Wirkung auch eine Verschlimmerung der Angststörung die Folge sein.
Wie bekommen Patienten mit Angststörungen Cannabis?
Wenn der behandelte Arzt eine Angststörung diagnostiziert, geht es im nächsten Schritt darum, die bestmögliche Behandlung auszuloten. Die Patienten können also nicht einfach in die nächste Apotheke gehen und Weed kaufen, sondern benötigen zuvor ein Rezept. Dieses wird vom Arzt ausgestellt und enthält darüber hinaus die tägliche Dosis sowie die Höhe der THC-Konzentration. Erst mit einer solchen Erlaubnis lässt sich medizinisches Cannabis für die Therapie legal kaufen und konsumieren.
Das Timing der Einnahme ist entscheidend
Eine verschriebene Cannabis-Therapie kann viele positive Effekte bei Patienten mit einer Angststörung in Gang bringen. Damit diese Behandlung jedoch bestmöglich wirkt, muss vor allen Dingen in den ersten Monaten der richtige Zeitpunkt ausgelotet werden. Aktuell gibt es kaum Studien darüber, zu welcher Tageszeit die Einnahme am besten ist. Bei manchen Patienten hat die Einnahme am Morgen die meiste Wirkung. Dann sind sie über den ganzen Tag über entspannt und konzentriert. Andere hingegen bevorzugen es, in akuten Angstmomenten des Cannabis einzunehmen. In Verbindung mit Schlafproblemen kann auch eine Einnahme am Abend Sinn ergeben. Es ist also etwas ausprobieren notwendig, um die richtige Tageszeit herauszufinden.