Medizintourismus birgt Risiken - Ästhetische Operationen zu Schnäppchenpreisen kommen Patienten oft teuer zu stehen
Medizintourismus birgt Risiken - Ästhetische Operationen zu Schnäppchenpreisen kommen Patienten oft teuer zu stehen
16.06.2016
Bildquelle: Dr. med. Mehmet Atila
Das Geschäft mit Reisen für medizinische Eingriffe ins Ausland boomt. Viele Patienten reisen von Deutschland nach Tschechien, Polen, Südafrika oder in die Türkei, um sich dort Schönheitsoperationen zu unterziehen – ihr Motiv: niedrige Preise. Während eine klassische Fettabsaugung in Deutschland je nach Umfang zwischen 1.500 € und 5.000 € kostet, beträgt der Preis für eine Liposuktion in anderen Ländern zum Teil nur die Hälfte.
Dasselbe gilt für ästhetische Eingriffe wie Haartransplantationen, Brustvergrößerungen, Bauchdeckenstraffungen oder Nasenkorrekturen. Da Krankenkassen kosmetische Korrekturen in den meisten Fällen nicht zahlen, klingen die niedrigen Preise für viele Patienten sehr verlockend.
Dumpingpreise und versteckte Kosten
Dr. med. Mehmet Atila, Facharzt für Plastische und Ästhetische Chirurgie und Direktor des Medical Inn Zentrums in Düsseldorf, bewertet den Trend des Beautytourismus kritisch, da dieser lediglich über die niedrigen Preise funktioniere. „Es existieren Medizintourismusveranstalter, die drei Eingriffe für den Preis von zwei Operationen anbieten.
Diese Art des Vorgehens ist in Deutschland unzulässig. Zudem stellt sich die Frage, wie die niedrigen Kosten trotz zusätzlicher Reiseauslagen zustande kommen. Oftmals leiden unter den Schnäppchenpreisen die Qualität und Hygiene von eingesetztem Material und Personal sowie die Nachsorge“, erklärt der Mediziner und fügt hinzu: „Diese Veranstalter verschwinden nach kurzer Zeit meist vom Bildschirm.
Ansprüche bei misslungenen Operationen können dann nicht gestellt werden oder finden keine Berücksichtigung. OP-Berichte existieren nicht oder stehen nicht zur Verfügung und selbst bei gutachterlich festgestellten Mängeln ist der Operateur nicht erreichbar.“
Er warnt ferner vor zusätzlichen Ausgaben, die auf Patienten zukommen können: „Vermeintliche Schnäppchen stellen sich durch versteckte Kosten wie Austrittsgelder der Kliniken oder überteuerte Hotelrechnungen im Nachhinein als kostspieliger als erwartet heraus.“ Zudem müssen sich manche im Ausland operierte Patienten nach aufgetretenen Komplikationen einer Nachbehandlung in Deutschland unterziehen oder vorzeitig die Reise abbrechen, was in letzterem Falle zu einem kostspieligen Rücktransport nach Deutschland führt.
Auch Dr. Atila merkt diese Problematik im Medical Inn, wo er zunehmend, mittlerweile regelmäßig, Patienten mit Komplikationen und schlecht operierten Ergebnissen aus dem Ausland nachversorgt oder deren Auswirkungen korrigiert. Diese ärztlichen Maßnahmen sind mit finanziellen Einbußen verbunden, da Patienten die Ausgaben dafür selbst tragen müssen. So löst sich der scheinbar gewonnene finanzielle Nutzen schnell in Luft auf.
Expertenwissen und Betreuung oft mangelhaft
Die Idee, die Beauty-OP mit dem Urlaub verbinden zu können, klingt zunächst verführerisch. Dr. Atila, der sich in seiner Funktion als Präsident eines internationalen Fortbildungskongresses für Plastische Chirurgie auch für die Fortbildung anderer Mediziner einsetzt, kritisiert jedoch: „Ich lege bei meinen Patienten im Medical Inn großen Wert auf die Vorabberatung und die medizinische Aufklärung. Diese Möglichkeit besteht bei von Medizintourismusreiseveranstaltern organisierten Pauschalreisen kaum.
Einerseits fliegt der Patient nur zum Eingriff selbst ins Ausland und andererseits besteht in vielen Fällen eine Sprachbarriere“, erläutert der Facharzt. Um dieses Problem zu umgehen, bieten viele Veranstalter und Kliniken mittlerweile den Service von Dolmetschern an. Aber die Kommunikation über Dritte stellt ein Risiko dar, da Übersetzungsfehler oder ungenaue Übersetzungen zu Missverständnissen und gegebenenfalls unerwünschten Behandlungsergebnissen führen können.
So können Vorerkrankungen des Patienten vom Übersetzer fehlinterpretiert oder in der Kommunikation nicht ausreichend berücksichtigt werden, was im schlimmsten Fall zu einer lebensbedrohlichen Situation führt. Zudem variieren die Narkosestandards in einzelnen Ländern und eine Intensivversorgung ist meistens nicht gegeben. Hinzu kommt die Nähe zum behandelnden Arzt, die nach einem Eingriff im Ausland meist nicht gegeben ist. Dr. Atila aber weiß, dass bei jedem Eingriff die Möglichkeit unvorhersehbarer Komplikationen besteht.
„Im Fall von auftretenden Komplikationen, aber auch, um eine lückenlose Nachsorge zu garantieren, müssen Arzt und Patient nach der OP in regelmäßigem Kontakt zueinander stehen. Dieser Austausch ist bei Eingriffen im Ausland, nach denen die Patienten wieder nach Hause reisen, selten gegeben. Patienten sollten deshalb eine Operation nicht aus Kostengründen im Ausland durchführen lassen“, so Dr. Atila abschließend.
Weitere Informationen unter www.medical-inn.de.