Ratgeber für Angehörige – das muss bei der häuslichen Pflege Beachtung finden

Ratgeber für Angehörige – das muss bei der häuslichen Pflege Beachtung finden

09.01.2015

Die meisten Menschen, die pflegebedürftig werden, wünschen sich, so lange wie möglich in ihrer vertrauten Umgebung zu bleiben und von Angehörigen gepflegt zu werden. Die Zahl der Pflegebedürftigen nimmt aufgrund der gestiegenen Lebenserwartung immer weiter zu.

 

Quelle: Statista.com ©.

 

Etwa zwei Drittel aller Pflegebedürftigen werden tatsächlich auch zu Hause gepflegt; die Bereitschaft, sich um pflegebedürftige Angehörige zu kümmern, ist also vorhanden. Dennoch ist die Pflege eine sehr umfassende und anstrengende Aufgabe, die mit viel Verantwortung verbunden ist und Pflegende wie Pflegebedürftige gleichermaßen beansprucht.

 

I.    Vorbereitung

Wenn auf längere Sicht absehbar ist, dass eine Pflegebedürftigkeit ansteht, sollte schon frühzeitig offen abgesprochen werden, wie im Fall der Fälle verfahren werden soll. Wer in Betracht zieht, seinen Angehörigen selbst zu pflegen, sollte sich selbst ehrlich befragen, ob und wie weit er sich dazu in der Lage sieht.

 

Bild: Auch wenn nur wenig Zeit für die Vorbereitung bleibt, ist Kommunikation mit dem Pflegebedürftigen wichtig. © geralt Pixabay (CC0 1.0)

 

  •  a.    Absprache mit dem Angehörigen

Wichtig ist, dass beide Parteien sich der Situation bewusst sind und beide die Pflege so gestalten wollen. Die gewohnte Autonomie einzuschränken und sich in die Hände eines anderen zu begeben, kann schwierig sein, doch für die häusliche Pflege ist es wichtig, dass Pflegebedürftige die Hilfe annehmen können.

Soweit möglich, sollte mit dem Pflegebedürftigen abgesprochen werden, welche Vorstellung beide Seiten von der Pflegesituation haben. Vorab müssen viele Fragen geklärt werden:

 

 

  • b.    Pflegekurse

Die wenigsten Menschen, die häusliche Pflege übernehmen, haben einen entsprechend geschulten Hintergrund. Sie fühlen sich häufig überfordert, kennen die entsprechenden Handgriffe nicht und stehen selbst unter körperlicher Belastung.

Deshalb werden von unterschiedlichen Stellen Kurse für pflegende Angehörige angeboten. Diese können von Krankenhäusern, Seniorenheimen oder Krankenkassen veranstaltet werden. Zum Teil werden die Kosten für einen solchen Kurs von der Krankenkasse übernommen.

In solchen Kursen lernen Pflegende, beispielsweise, wie sie ihren Angehörigen richtig umbetten, bei der Körperpflege helfen und wie sie mit der emotionalen Belastung umgehen. Häufig gibt es auch Kurse zu speziellen Bedürfnissen, wie bei Parkinson oder Demenz. Oftmals hilft es auch schon, bei diesen Kursen Gleichgesinnte kennenzulernen und sich auszutauschen.

Im Internetforum pflegendeangehoerige.info etwa können sich Betroffene vernetzen und austauschen.

 

  • c.    Pflegestufen

Die Pflegeversicherung, in der jeder Bundesbürger versichert ist, teilt die Pflegebedürftigkeit in drei Stufen ein.

 

Zur finanziellen Unterstützung können bei der Pflegeversicherung Leistungen beantragt werden, die je nach Pflegestufe höher ausfallen. Die Einstufung erfolgt dabei durch die Pflegeversicherung, die einen Mitarbeiter des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) zur Prüfung schickt. Er wird feststellen, wie viel Zeitaufwand der Pflegebedürftige für hauswirtschaftliche Tätigkeiten und Körperpflege aufbringen muss und welche Tätigkeiten nicht mehr selbst oder nur mit Unterstützung ausgeführt werden können. Für diesen Besuch sollten Pflegende sich vorbereiten, indem sie schon im Zeitraum vorab Buch über die Aspekte führen, die für den MDK wichtig sind. Hierbei ist eine ehrliche Einschätzung unabdingbar und es sollte nichts bagatellisiert oder gar verheimlicht und geschönt werden.

Pflegende und Angehörige haben außerdem beim Erstantrag einen Anspruch auf eine kostenlose Beratung, auf Wunsch auch in der eigenen Wohnung.

 

 II.    Wohnungsanpassung und Einrichtung

Um den Ansprüchen des Pflegebedürftigen gerecht zu werden, muss der Wohnraum entsprechend gestaltet sein. So viel wie möglich sollte im gewohnten Zustand verbleiben, damit die Angehörigen sich wohl fühlen. Soll für die Pflege in das Haus der pflegenden Person gezogen werden, sollte der Raum funktional, aber gemütlich eingerichtet sein und eine vertraute, persönliche Note haben. Insbesondere, wenn der Pflegebedürftige sein Zimmer oder Bett nur schwer verlassen kann, sollte dieser neue Lebensmittelpunkt Abwechslung bieten, etwa, indem das Bett am Fenster steht. Wenn der Angehörige Wünsche für die Gestaltung hat, sollten diese angehört und soweit möglich auch umgesetzt werden. Wenn Möbel- und Dekorationsstücke aus der gewohnten Umgebung benutzt werden können, umso besser.

 

Bild: Für größtmögliche Mobilität sorgt eine barrierefreie Wohnung. © tibanna79 - Fotolia

 

  •  a.    Barrierefreiheit

Bei mobil eingeschränkten Menschen ist eine barrierefreie Umgebung eine große Unterstützung.

Türschwellen und andere Stolperfallen sollten wenn möglich beseitigt werden. Türen mit einer Mindestbreite von 95 Zentimetern ermöglichen auch das Durchqueren mit Rollstuhl oder Rollator.

Im Badezimmer helfen Haltegriffe neben Badewanne und Toilette. In der Dusche ermöglicht ein Duschstuhl das Hinsetzen beim Waschen. Für Umbaumaßnahmen können Zuschüsse beantragt werden, sobald die Pflegestufe des Bedürftigen feststeht.

 

 

  •  b.    Bett

Je nach Grad der körperlichen Einschränkung bekommt das Bett eine größere Bedeutung für den Pflegebedürftigen. Wasserbetten werden in der Medizin schon länger eingesetzt und haben vor allem den Vorteil, dass hier ein Wundliegen nicht so einfach möglich ist, weil hier das Gewicht gleichmäßig verteilt werden kann und sich die Matratze dem Körper anpasst.

Durch die eingebaute Heizung kann die Wassertemperatur je nach Jahreszeit angemessen reguliert werden und die Wärme kann schmerzlindernd auf Muskeln und Gelenke wirken. Je nach Bedürfnissen können andere Heizsysteme genutzt werden, die sich teilweise in 0,1 Grad-Schritten verstellen lassen. Auf dieser Webseite gibt es eine Übersicht über die verschiedenen Heizsysteme und ihre Eigenschaften. Hauptsächlich werden hier die beiden folgenden Systeme vorgestellt:

-    Keramik Wasserbett Heizung
-    Wasserbett-heizung von Carbon-Heater

Auch im Hinblick auf die Hygiene hat ein Wasserbett günstige Bedingungen. Anders als in einer herkömmlichen Matratze können sich hier keine Haare, Hautschuppen oder Körperflüssigkeiten sammeln. Die Oberfläche lässt sich leicht reinigen, was insbesondere Allergikern zugutekommt.

 

Bild: Häufig wird ein Pflegebett verweigert, weil es ein sichtbarer Beweis für die Pflegebedürftigkeit ist.
 © BrokenSphere (CC0 1.0).

 

  •  c.    Treppen

Sind Pflegebedürftige in ihrer Mobilität sehr eingeschränkt, fällt das Bewältigen von Treppen oft schwer und kann auch zu einer Gefahrenquelle werden, auf der böse Stürze passieren können. Abhilfe schafft hier ein Treppenlift. Noch besser ist es allerdings, das Zimmer des Angehörigen auf derselben Etage einzurichten, damit die Laufwege möglichst kurz sind und alle wichtigen Bereiche wie Badezimmer und Küche erreicht werden können.

 

III.    Auf die eigene Gesundheit achten

Wer andere pflegt, steht meist unter einem großen Druck. Pflegende möchten ihre Aufgabe bestmöglich erledigen und für ihre Angehörigen da sein. Oftmals fühlen sie sich überlastet, was im schlimmsten Fall dazu führen kann, dass die Pflege mit der Zeit barsch und ungeduldig ausgeführt wird und letztlich auf beiden Seiten für Unwohlsein sorgt. Auch die Pflegebedürftigen leiden unter der Situation und möchten auf der einen Seite meist gern ihre Angehörigen um sich haben, ihnen auf der anderen Seite aber nicht zur Last fallen.

 

Quelle: Statista.com ©.

 

Sich selbst und dem Pflegebedürftigen gegenüber ist es allerdings sehr wichtig, dass pflegende Angehörige körperlich und geistig fit bleiben.

 

  • a.    Belastungsfaktoren

Während der Pflegephase müssen Pflegende mit vielen Belastungen umgehen. Diese können psychischer und physischer Natur sein, oftmals kommt beides auch zusammen und führt auf Dauer zu übermäßiger Erschöpfung.

 

  • b.    Psychische Belastung

Die psychische Belastung setzt sich je nach Aufwand aus unterschiedlichen Faktoren zusammen. Da wäre zum einen die Sorge, dem Pflegebedürftigen nicht gerecht werden zu können. Pflegende fürchten, dem Angehörigen könnte etwas zustoßen, wenn sie einen Moment lang nicht aufmerksam sind. Schlafstörungen können die Folge sein, aus Angst, in der Nacht dem Pflegebedürftigen nicht zu Hilfe kommen zu können oder weil Pflege rund um die Uhr notwendig ist.

Hinzu kommt der Wunsch nach Ausspannung und Erholung, sowie das Gefühl, zeitlich so stark gebunden zu sein, dass es das übrige Privatleben einschränkt.

 

Bild: Pflege kann für beide Seiten eine große Belastung sein. © Miriam Dörr – Fotolia

 

Besonders schwierig wird es, wenn der Pflegebedürftige aufgrund einer Krankheit aggressiv wird oder den Pflegenden nicht mehr erkennt. Den geistigen Verfall eines geliebten Menschen mitzuerleben, ist für viele Menschen eine große Belastung. Ist der Pflegebedürftige der eigene Partner, kann auch die Beziehung unter dem Abhängigkeitsverhältnis leiden. Im schlimmsten Fall führen die Spannungen zu Gewalt. Diese muss nicht unbedingt in Schlägen resultieren, auch Vernachlässigung des Pflegebedürftigen gehört dazu. Diese Studie der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtpflege deckt die verschiedenen Gründe auf, die zu Gewalt insbesondere gegen alte, pflegebedürftige Menschen führen.

Manchmal kommen noch finanzielle Sorgen hinzu, wenn teure Medikamente und Eingriffe notwendig sind oder Ausstattung aus Geldmangel nicht angeschafft werden kann. 


c.    Körperliche Belastung

Das Körpergewicht eines anderen Menschen ist nicht zu unterschätzen. Selbst wenn der Pflegebedürftige klein und zierlich ist, kann das Heben und Stützen auf Dauer für den Angehörigen Rückenschmerzen oder ähnliche Beschwerden auslösen. Auch die zusätzliche Arbeit wie Unterstützung im Haushalt sind körperlich anstrengend, insbesondere, wenn es zu wenige oder zu kurze Erholungsphasen gibt. 

 

d.    Erholungsphasen

Pflegende Angehörige sollten sich unbedingt von Anfang an ihre Freiräume einrichten. Oftmals wird die Versorgungsarbeit von außen nicht als anstrengende Tätigkeit anerkannt, weshalb es Angehörigen manchmal schwer fällt, um Hilfe und Unterstützung zu bitten. Hinzu kommt meist noch ein Gefühl der Verpflichtung oder der Pflegebedürftige wünscht sich explizit die Pflege durch eine ganz bestimmte Person und lässt niemanden sonst an sich heran.

Dennoch sollten Pflegende Erholungsphasen einrichten, in denen sie beispielsweise anderen Angehörigen die Pflege überlassen. Auch ein Kurzurlaub kann helfen, die Reserven wieder aufzufüllen und neue Energie zu tanken.

 

e.    Unterstützung durch Pflegedienste

Eine sinnvolle Unterstützung kann vor allem durch Pflegedienste erfolgen. Geschultes Personal kann Pflegende in ihrer Tätigkeit bei der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung entlasten und so nicht nur für notwendige Erholung sorgen, sondern auch den Pflegebedürftigen daran gewöhnen, dass nicht ständig nur eine einzige, bestimmte Person um ihn herum ist. Durch den regelmäßigen Einsatz kann auch ein struktureller Tagesablauf unterstützt werden. Auch kleinere Aufgaben, wie etwa Einkaufen oder Essen zubereiten, können oft auf externe Stellen ausgelagert werden, was den Alltag sehr entlastet.

 

IV.    Rechtliche Aspekte

Bevor einer pflegenden Tätigkeit nachgegangen wird, sind noch einige rechtliche Aspekte zu beachten und mit dem Pflegebedürftigen zu klären.

 

  • a.    Freistellung zur Pflege

Zunächst einmal steht es Angehörigen zu, von ihrer Arbeit für die Pflege freigestellt zu werden, vorausgesetzt, vom MDK wurde eine Pflegebedürftigkeit festgestellt und der Pflegebedürftige ist ein naher Angehöriger wie Ehepartner, Eltern- oder Großelternteil. Auch Partner in eheähnlichen Gemeinschaften, Pflegekinder und Schwiegereltern gehören dazu.

 

Bild: Ein neues Gesetz stärkt die Möglichkeiten zur Kurzzeitpflege. © Edler von Rabenstein - Fotolia

 

Falls es schnell gehen muss, kann auch ein Krankenhaus oder ein Arzt eine vorläufige Pflegebescheinigung ausstellen. Für kurzfristige Pflegetätigkeiten können Pflegende sich bis zu zehn Tage von der Arbeit freistellen lassen. Bisher war diese Auszeit unbezahlt, ab Januar des kommenden Jahres sollen Pflegende durch das Pflegestärkungsgesetz einen Lohnersatz von bis zu 90 Prozent des Nettogehalts ausgezahlt bekommen, wie der Spiegel berichtet.

Für längere Pflege können Angehörige die Freistellung vom Beruf für bis zu sechs Monate in Anspruch nehmen, allerdings unbezahlt. Die Verkürzung der Arbeitszeit auf ein Teilzeit-Modell ist ebenfalls möglich und der Arbeitgeber muss dem entsprechen, wenn keine schwerwiegenden betrieblichen Gründe dagegen sprechen. Ausnahmen bilden Kleinbetriebe; die genannte Regelung betrifft Betriebe erst ab einer Zahl von 16 Beschäftigten.

 

  • b.    Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung

Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht sind wichtige Mittel für Pflegebedürftige, ihren Willen auszudrücken, der auch dann noch Bestand hat, wenn etwa geistige Verwirrtheit einsetzt. In einer Vorsorgevollmacht regelt der Betroffene alle wichtigen Dinge wie etwa, wer sich um welche Angelegenheiten kümmern und Entscheidungen treffen darf, wenn er selbst einmal nicht mehr in der Lage dazu ist. Eine solche Vollmacht wird schriftlich festgehalten und am besten noch von einem Arzt oder Notar bezeugt, der feststellt, dass der Betroffene zum Erstellungszeitpunkt im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte ist.
Eine Patientenverfügung regelt, welche medizinischen Eingriffe vorgenommen werden dürfen, falls der Betroffene nicht mehr einwilligungsfähig ist. Beispielsweise wird in einer solchen Verfügung festgelegt, ob und in welchem Umfang lebenserhaltende Maßnahmen ergriffen werden sollen.

 

V.    Finanzielle Aspekte

Für die Pflege können Pflegende, beziehungsweise die Pflegebedürftigen, finanzielle Unterstützung von der Pflegeversicherung beantragen.

 

  •  a.    Pflegegeld

Zur Unterstützung bei der Pflege kann das sogenannte Pflegegeld beantragt werden. Hierbei steht es dem Antragsteller frei, ob er dieses Geld ausgezahlt bekommen möchte oder Sachleistungen bevorzugt. Eine Sachleistung besteht beispielsweise in der Nutzung ambulanter Pflegedienste.

 

Die Sätze für Pflegegeld

Die Sätze für Pflegesachleistungen

Quelle: dmrz.de

 

  •  b.    Steuervorteile

Wer Angehörige pflegt, kann bei Pflegestufe 3 pro Jahr einen Betrag von 924 Euro geltend machen. Auch Unkosten wie etwa für den barrierefreien Umbau oder haushaltsnahe Dienstleistungen können zum Teil steuerlich abgesetzt werden.

 

  • c.    Erbschaft

Im Todesfall können Angehörige, die sich um die Pflege gekümmert haben, auf einer besonderen Berücksichtigung bei der Aufteilung der Erbschaft bestehen. Inzwischen betrifft das nicht mehr nur Kinder, die auf ein Einkommen verzichtet haben, um sich der Pflege zu widmen, sondern allgemein Nachkommen, die gepflegt haben, ob berufstätig oder nicht.

 

VI.    Fazit

Zwei Drittel aller Pflegebedürftigen werden zu Hause gepflegt; hiervon wiederum zwei Drittel von Angehörigen. Damit das funktionieren kann, ist es notwendig, dass Pflegebedürftige und Pflegende sich so weit wie möglich absprechen. Beide Parteien müssen bereit sein, aufeinander zuzugehen und sich mit Respekt begegnen. Pflegende sollten sich vorab soweit es geht informieren und sich nicht scheuen, um Hilfe zu bitten und nach Unterstützung zu fragen. Regional gibt es häufig Gruppen entweder allgemein zur häuslichen Pflege oder für Angehörige etwa von Demenz-Erkrankten, die eine gute erste Anlaufstelle für Pflegende sind und die Möglichkeit zur Vernetzung geben.

 

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