Herzinfarkt: So kann man sich schützen Experten verraten, wie man das persönliche Infarktrisiko effektiv senken kann
Herzinfarkt: So kann man sich schützen Experten verraten, wie man das persönliche Infarktrisiko effektiv senken kann
21.06.2016
Prof. Dr.med. Martin Merkel, Endokrinologe, Lipidologe, Diabetologe, Ärztlicher Leiter Endokrinologikum Hannover Foto:djd/privat
Sich gesund zu fühlen und gesund zu sein, ist nicht immer dasselbe. Denn lebensbedrohliche Krankheiten wie ein Herzinfarkt entwickeln sich oft schleichend. So ist zum Beispiel eine der Hauptursachen, die Arteriosklerose oder "Arterienverkalkung", durch die sich wichtige Gefäße verengen und schließlich ganz blockiert werden können, zunächst überhaupt nicht zu spüren.
Besonders Menschen in den 50ern werden deshalb trotz scheinbar guten Befindens von einem Infarkt oft kalt erwischt. Das muss aber nicht so sein, denn es gibt durchaus bekannte Risikofaktoren, die auf den drohenden Ernstfall hinweisen. Man muss sie nur kennen und rechtzeitig handeln.
Risikofaktor Fettstoffwechselstörungen
"Die wichtigsten Risikofaktoren für einen Herzinfarkt sind Rauchen, Diabetes, männliches Geschlecht, Herzinfarkte in der Familie, hoher Blutdruck und Fettstoffwechselstörungen - vor allem ein erhöhtes LDL-Cholesterin", erklärt dazu Prof. Dr. med. Martin Merkel, Lipidologe und Ärztlicher Leiter am Endokrinologikum Hannover.
Gegen Veranlagung und Geschlecht lässt sich natürlich nichts machen, aber andere Faktoren lassen sich durchaus beeinflussen. So sollte man auf das Rauchen verzichten und zur Diabetesprävention auf ein gesundes Gewicht und ausreichend Bewegung achten. Bluthochdruck kann durch geeignete Medikamente gesenkt werde, ebenso der Cholesterinwert - wenn man ihn denn kennt.
Prof. Merkel rät deshalb: "Fragen Sie Ihren Arzt nach dem LDL-Cholesterin und lassen Sie sich bei hohen Werten, vor allem über 180 mg/dl, gegebenenfalls von einem Spezialisten testen und auch behandeln. Damit können Sie viel Gutes zur Herzinfarkt-Prävention tun."
Gutes und schlechtes Cholesterin
Doch warum ist gerade der LDL-Wert so wichtig - und was bedeuten die Abkürzungen LDL und HDL überhaupt? Wie der Bremer Internist und Gastroenterologe Prof. Dr. med. Gerald Klose erläutert, handelt es sich dabei um verschiedene Transportformen des Cholesterins im Blut. Da es wasserunlöslich ist, kann es nur in Verbindung mit bestimmten Eiweißen befördert werden.
Diese Verbindungen nennt man Lipoproteine. "Cholesterin wird hauptsächlich in Form von Low Density Lipoproteinen - den LDL - transportiert. Deren Menge steht in Beziehung zum Herz-Kreislauf-Risiko, sodass LDL-Cholesterin für ,schlechtes’ Cholesterin steht. Das ,gute‘ Cholesterin ist das der High Density Lipoproteine (HDL), die für den Rücktransport des Cholesterins etwa aus den Arterienwänden zurück zur Leber zuständig sind", so der Gefäßspezialist.
Der Zielwert orientiert sich am Risiko
Wie hoch der LDL-Wert sein darf, ohne die Gesundheit zu gefährden, ist nicht eindeutig festgelegt, denn nicht für jeden Menschen ist der gleiche Zielwert richtig. Wer keine Risikofaktoren aufweist, bei dem ist ein Wert von 180 mg/dl noch okay.
"Die Absenkung des LDL-Cholesterinwertes auf niedrigere Zielwerte erfolgt immer dann, wenn andere Erkrankungen wie zum Beispiel ein zurückliegender Herzinfarkt oder Diabetes bestehen, die zu Arteriosklerose führen können", führt dazu Priv.-Doz. Dr. med. Jens Aberle, Leiter der Lipidambulanz am Universitätsklinikum Hamburg Eppendorf, aus. So wird bei erhöhtem Risiko ein Zielwert von unter 100 mg/dl angestrebt, bei hohem und sehr hohem Risiko sogar unter 70 mg/dl.
Lassen sich die angestrebten LDL-Werte nicht mit einer Lebensstil- und Ernährungsumstellung erreichen, was häufig der Fall ist, werden zur Senkung des Cholesterinspiegels Medikamente eingesetzt. Als Standardtherapie haben sich hier Statine bewährt. In manchen Fällen reichen diese aber nicht aus oder die Nebenwirkungen - meist Muskelschmerzen - sind zu stark.
Dann kann die Dosis gesenkt oder ein anderes Statin versucht werden. "Wenn es gar nicht anders geht, muss die Medikamentengruppe gewechselt werden. Ezetimib und die neuen PCSK9-Inhibitoren sind Alternativen, die abhängig von der individuellen Situation, der Höhe des Cholesterins und dem Herzinfarktrisiko eingesetzt werden können", erläutert Prof. Merkel.
Familiäre Hypercholesterinämie von Anfang an behandeln
Besonders wichtig ist eine rechtzeitige und konsequente Behandlung bei Menschen, die unter einer erblichen Fettstoffwechselstörung leiden, der familiären Hypercholesterinämie. Sie weisen oft schon in jungen Jahren extrem hohe LDL-Cholesterinwerte und dadurch ein stark erhöhtes Herzinfarktrisiko auf. Lebenslang dagegen Tabletten zu schlucken, erscheint Betroffenen oft als hart, doch Dr. Aberle rät in diesen Fällen dringend zu einer konsequenten Behandlung.
Weitere Informationen im Internet:
- Die Deutsche Gesellschaft zur Bekämpfung von Fettstoffwechselstörungen und ihren Folgeerkrankungen DGFF (Lipid-Liga) e. V. informiert unter www.lipid-liga.de.
- Rat und Tipps zum Thema Herzinfarkt, Cholesterin, Vorbeugung und Co. gibt es auch auf den Gesundheitsseiten von www.ratgeberzentrale.de.
- Für Betroffene von familiärer Hypercholesterinämie stellen die Patientenorganisation Cholesterin & Co. unter www.cholco.org sowie das Internetportal www.cholesterin-senken.de viele Informations- und Hilfsangebote zur Verfügung.
- Zahlreiche Fragen und Antworten zum Thema Herz sind auch nachzulesen auf www.experten-im-chat.de.